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AFS-Bericht an Bundestag sieht Preisentwicklung bei Immobilien kritisch und reklamiert weiterhin fehlende Instrumente zur Aufsicht

Der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) beim Bundesministerium der Finanzen wurde Anfang 2013 als Konsequenz aus der Finanzkrise eingerichtet. Ziel ist es, die auf Stabilität des gesamten Finanzsystems abzielende Aufsicht zu stärken. Dem Ausschuss gehören neben dem Bundesministerium der Finanzen (Vorsitz) auch Vertreter der Deutsche Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) an.

Bericht sieht Gefahren durch Immobilienpreisentwicklung
Der AFS tagt vierteljährlich und veröffentlicht einen jährlichen Bericht für das Bundesfinanzministerium, das darüber den Deutschen Bundestag unterrichtet. Der vierte Bericht für den Zeitraum April 2015 bis März 2016 wurde im Juni 2017 veröffentlicht. Er bescheinigt dem deutschen Finanzsystem grundsätzlich eine solide Stabilität - auch in Zeiten anhaltender Niedrigzinsen. Es gebe aber auch "potenzielle Gefahrenherde", zum Beispiel in Bezug auf die Marktentwicklungen bei Wohn- und Gewerbeimmobilien.

Markt für Gewerbeimmobilien im Blick
Am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt sind die Preise im Jahr 2016 spürbar gestiegen, vor allem bei Büro- und Handelsimmobilien. So sei durch die hohe Wettbewerbsintensität und dank niedriger Zinsen die Suche nach renditeträchtigen Anlageformen im Gewerbeimmobilienmarkt für Banken attraktiv. Das könne in Zukunft systemische Risiken begünstigen. Die Risikolage sei laut Ausschuss aber derzeit noch unbedeutend für die Finanzmarktstabilität. Der Ausschuss plädiert daher zukünftig für eine engere Überwachung dieses Marktes.

Überbewertungen von Wohnimmobilien in Städten besorgniserregend
Auch der seit 2010 unvermindert andauernde Aufwärtstrend bei den Preisen von Wohnimmobilien beunruhigt den Ausschuss. In seinem Bericht stellt er fest, dass die Überbewertungen von Wohnimmobilien in städtischen Regionen, insbesondere von Wohnungen in den sieben deutschen Großstädten, laut Zahlen der Deutschen Bundesbank im Berichtszeitraum zwischen 15 und 30 Prozent liegen. Gleichzeitig stagnierte die Zahl der an private Haushalte vergebenen Wohnbaukredite bis Ende 2016. Erst im ersten Quartal 2017 erhöhte sich die Quote leicht um 3,8 Prozent.

Expansivere Vergabe von Krediten wirkt entgegen
Der Ausschuss sieht dies im Einklang mit den Lockerungen der Vergaberichtlinien für Wohnimmobilienkredite ab dem ersten Quartal 2017. Im Ergebnis führte dies zu einer expansiveren Vergabe von Krediten durch deutsche Banken. Das relativiere einen potenziellen Gefahrenherd. Das Risiko einer Immobilienblase bei Wohnimmobilien, also eines Preisverfalls bei gleichzeitig starken Ausfällen von Krediten, sieht der Ausschuss trotz aktuell weiter steigernder Preise von Wohnimmobilien noch als gering an. Kurz gesagt: Der Markt ist heiß, aber ausreichend solide finanziert.

Erweiterte Kompetenzen der BaFin begrüßt
Die Frage, die den Ausschuss beschäftigt: Bleibt das so? Zwar sei insbesondere das neue Finanzaufsichtsrechteergänzungsgesetz geeignet, um zukünftigen Risiken am Wohnimmobilienmarkt zielgerichtet entgegenzuwirken. Es ist am 10. Juni 2017 in Kraft getreten und basiert auf Empfehlungen des Ausschusses aus dem Jahr 2015. Die BaFin erhält darin die Ermächtigungsgrundlage, im Bedarfsfall Mindeststandards für die Vergabe von Neukrediten festzulegen. Der Ausschuss begrüßt diese erweiterten Kompetenzen der BaFin ausdrücklich. Das Gesetz fülle bestehende Datenlücken und es setze an der richtigen Schnittstelle, nämlich zwischen Darlehensgeber und -nehmer, an.

Beschlossenes Instrumentarium reicht dem Ausschuss noch nicht aus
Gleichzeitig reklamiert der Bericht, dass der Bundestag im Gesetz einige seiner Empfehlungen nicht umgesetzt habe. So würden zum Beispiel keine einkommensbezogenen makroprudenziellen Instrumente eingeführt und die Bagatellgrenze würde nun mit 50.000 Euro festgelegt. Auch kämen die empfohlenen Instrumente für besicherte Darlehen nicht zur Anwendung, wenn bei der Darlehensvergabe bestimmte risikomindernde Voraussetzungen bezüglich der Besicherung erfüllt sind. So hatte der Ausschuss einen auf den Beleihungswert einer Wohnimmobilie bezogenen zweistufigen Schwellenwert im Falle besicherter Darlehen vorgeschlagen. Die nun verfügbaren Instrumente reichten daher immer noch nicht aus, um zukünftig alle denkbaren systemischen Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung "hinreichend wirksam" abwehren zu können.

Bundesfinanzminister lobt das neue Gesetz
Auch Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble sieht derzeit keine Hinweise auf eine exzessive Immobilienkreditvergabe, warnt aber vor einer möglichen Überhitzung. Gleichzeitig lobt er das neue Gesetz in einem Gastbeitrag für den ZIA - Zentraler Immobilien Ausschuss. Dieses sei auch ausreichend präventiv: "Solche Instrumente kommen nur dann zum Einsatz, wenn sie notwendig sind, um eine drohende Gefahr für die Finanzstabilität abzuwehren. Wir haben zudem darauf geachtet, dass die Instrumente verhältnismäßig sind. Anschlussfinanzierungen, aber auch Kleindarlehen sind grundsätzlich ausgenommen. Auch Kredite für Umbau und Renovierung sind von den neuen Regelungen nicht betroffen", so der Minister.


Quelle:

Ausschuss für Finanzstabilität: Vierter Bericht an den Deutschen Bundestag zur Finanzstabilität in Deutschland (Juni 2017)

ZIA-Blog "Auf ein Wort: Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble"