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Kreditwirtschaft, Marktinformationen

DIW-Studie empfiehlt verstärkte Kreditbremse für Deutschland

Relativ geringe Verschuldung der Privathaushalte in Deutschland spricht gegen Immobilienpreisblase (Quelle: DIW-Infografik)

Droht eine Immobilienblase? Die Wirtschaftswissenschafter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin haben das in einer Studie auf der Basis von OECD-Daten für 20 Länder weltweit untersucht. Die gute Nachricht für Deutschland: Hierzulande wohl nicht, trotz spekulativer Überbewertungen in den großen Ballungsgebieten. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) wirke dem wirksam entgegen. Es seien dennoch klärende Regeln und weitere regulatorische Eingriffskompetenzen für die Finanzaufsicht BaFin nötig.

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hatte ihren Ursprung auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt. Zehn Jahre danach steigen die Immobilienpreise in den untersuchten OECD-Staaten bereits wieder kräftig. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in seiner Studie nach Anzeichen für spekulative Überbewertungen in 20 Ländern gesucht. Hauptindikator war dabei das Verhältnis von Kaufpreisen für Wohnimmobilien zu Mieten. Um die Wahrscheinlichkeit einer Preisblase genauer einschätzen zu können, haben die beiden Ökonomen zusätzlich verschiedene Faktoren unter die Lupe genommen, die als "Zutaten" für eine Spekulationsblase gelten. Dazu zählen die Verschuldung des privaten Sektors und der öffentlichen Hand, der langfristige Zins, das Bevölkerungswachstum, das Wirtschaftswachstum und die allgemeine Preisentwicklung.

Immobilienblasen in einigen europäischen OECD-Ländern wahrscheinlich
Sorgen bereiten den DIW-Studienautoren Claus Michelsen und Konstantin Kholodilin insbesondere die Entwicklungen auf zwei EU-Immobilienmärkten. In Großbritannien sei die "Gefahr neuer Immobilienblasen real, da Schulden und Preise wieder stark anziehen". Beide Faktoren deuteten darauf hin. Größtes Sorgenkind ist allerdings Schweden. Hier werden "Fantasien entwickelt" und der Markt gehe bereits "in Überhitzung", sagt Michelsen. Die Autoren sehen in Schweden alle Voraussetzungen für eine Immobilienblase erfüllt: Kurze Kreditlaufzeiten, kräftiges Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, stark steigende Kreditvergabe bei gleichzeitig geringer Staatsverschuldung und hohe Immobiliendarlehen in Kombination mit steigenden Immobilienpreisen. Gleichzeitig vollziehen die Mieten diesen Aufwärtstrend nicht nach. Bedenklich sei aus deutscher Sicht, dass beide Länder auch beliebte Anlageziele hiesiger Investoren und Immobilien-Finanzierer sind.

Gefahr einer Überhitzung in Deutschland gering
Die ausgewerteten OECD-Daten für Deutschland erfassen nur die Preisentwicklungen in den Metropolen. Hier liegen laut Michelsen bereits spekulative Überbewertungen vor, da seit 2010 das Verhältnis der Kaufpreise für Wohnimmobilien zu den Mieten um 20 Prozent gestiegen ist. Das wertet die Studie als deutliches Warnsignal. "In den großen Städten wie Berlin, München oder Hamburg sehen wir durchaus Entwicklungen, die auf eine Preisblase schließen lassen", erklärt Konstantin Kholodilin. Für den gesamten deutschen Immobilienmarkt gibt die Studie aber Entwarnung – zunächst. Derzeit sprechen nur die niedrigen Zinsen und das vergleichsweise hohe Bevölkerungswachstum für eine Preisblase. Dass dieser Fall auch eintritt, sei aber unwahrscheinlich. Dagegen spricht vor allem, dass die Immobiliendarlehen in Deutschland langfristig festgeschrieben sind. Die Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) würden hier wohl bremsend wirken. Auch ist Verschuldung der privaten Haushalte im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern gering. Der deutsche Wohnimmobilienmarkt ist im Ergebnis "solide finanziert", lautet das Resümee der Autoren.

DIW rät: Das Instrumentarium der BaFin erweitern und Klarheit schaffen
"Die Regulierung der Finanzmärkte ist nicht so weit vorangeschritten, wie man sich das wünschen würde und wie man sich das nach der großen Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 gegenseitig versprochen hat", erklärt Michelsen. Zwar seien der BaFin bereits zusätzliche Instrumente zur Krisenvorsorge an die Hand gegeben worden. "Letztlich ist die Regulierung in Deutschland auf halbem Wege stehengeblieben, und das ist nur schwer nachvollziehbar", warnt Michelsen dennoch. Die BaFin dürfe ihre Möglichkeiten nur nutzen, wenn das zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. Wann dieser Fall vorliegt, bliebe aber ungeklärt. Das DIW rät daher, die Regulierungsinstrumente für die BaFin um klare Regeln zu ergänzen. Der regulatorische Werkzeugkasten sollte auch konsequent zu einer Kreditbremse weiterentwickelt werden, gemäß den Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dazu zählten etwa eine Begrenzung des Fremdkapitalanteils bei Immobilienfinanzierungen und Vorgaben zur Tilgung von Krediten. Dies diene dazu, wirksam das Verhältnis von Verschuldung und Haushaltseinkommen zu deckeln.


Download: Studie im DIW Wochenbericht 30 + 31/2018 (PFD, 0,65 MB)

Quelle: Pressemitteilung des DIW vom 25.07.2018

 

Frank Großer